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Aufenthaltsermittlung durch den Gerichtsvollzieher

Voraussetzung für die Aufenthaltsermittlung des Schuldners nach § 755 ZPO ist ein zugrundeliegender Vollstreckungsauftrag. Isolierte Aufenthaltsermittlungsaufträge sind unzulässig.

Der Gesetzesbegründung zufolge überträgt § 755 ZPO dem Gerichtsvollzieher die Aufgabe, erforderlichenfalls den Aufenthaltsort des Schuldners zu ermitteln und stellt hierfür die Rechtsgrundlage dar. Allerdings steht dem Gerichtsvollzieher diese Befugnis nicht von Amts wegen zu, sondern nur aufgrund eines entsprechenden Antrags des Gläubigers. Ein Ermessen ist ihm nicht eröffnet.

Neben dem konkret gefassten Antrag zur Aufenthaltsermittlung ist ein wirksamer Vollstreckungsauftrag erforderlich. Das ergibt sich aus der Formulierung in § 755 Abs. 1 ZPO, wonach der Gerichtsvollzieher „auf Grund des Vollstreckungsauftrags“ und unter „Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung“ Ermittlungen des Aufenthaltsorts des Schuldners vornehmen darf. Es handelt sich gerade nicht um ein separates und eigenständiges Verfahren, sondern steht im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung im Sinne der §§ 802a ff. ZPO.

Der Gerichtsvollzieher darf nur aufgrund eines besonderen, neben dem Vollstreckungsauftrag erteilten Ermittlungsauftrages ermitteln. Die Aufenthaltsermittlung ist keine selbstständige Maßnahme der Zwangsvollstreckung, sondern nur eine den Gerichtsvollzieher bei den ihm zugewiesenen Vollstreckungsmaßnahmen unterstützende Hilfsbefugnis.

Für diese Auslegung nur als „Anhängsel“ des eigentlichen Vollstreckungsauftrages spricht auch, dass § 755 ZPO nur anwendbar ist, soweit der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan tätig wird. Für andere Vollstreckungsorgane wird keine Ermittlungsbefugnis begründet.

Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit des isolierten Auftrags zur Aufenthaltsermittlung gewollt, hätte er den Antrag auf Aufenthaltsermittlung in § 802a Abs. 2 ZPO mit aufgeführt.

Schließlich gilt § 755 ZPO nur im Rahmen der Zwangsvollstreckung, aber gerade nicht zu ihrer Vorbereitung.

Im hier entschiedenen Fall war der mit dem Antrag auf Aufenthaltsermittlung verbundene Vollstreckungsauftrag nicht substantiiert genug: Zwar enthält der streitgegenständliche Auftrag „zur Vollstreckung und Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners gemäß § 755 ZPO“ auch einen Vollstreckungsauftrag, jedoch ist dieser nicht substantiiert genug. Er entspricht nicht den Anforderungen des § 802a Abs. 2 ZPO, weil er keine konkreten Vollstreckungsmaßnahmen bezeichnet. Er fordert lediglich pauschal die „Durchführung der Vollstreckung“.

Der Gläubiger muss einen konkreten Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher richten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des §754 ZPO. Dieser spricht von einem „Vollstreckungsauftrag“. Die Auslegung wird gestützt durch 802a Abs. 2 ZPO. Diese Vorschrift verlangt in Satz 2 eine präzise und detaillierte Beschreibung des Vollstreckungsweges und damit der konkret gewünschten Vollstreckungsmaßnahmen. Ein pauschaler Antrag, der auf „Zwangsvollstreckung“ oder „geeignete Maßnahmen der Zwangsvollstreckung“ gerichtet ist, ist nicht ausreichend für die Beauftragung zur Aufenthaltsermittlung im Sinne von § 755 ZPO.

Dem steht auch nicht der Einwand entgegen, ein konkreter Vollstreckungsauftrag sei unmöglich, weil sich nach der Aufenthaltsermittlung des Schuldners möglicherweise die Unzuständigkeit des handelnden Gerichtsvollziehers ergebe. Denn dann ist der Vollstreckungsvorgang an den zuständigen Gerichtsvollzieher von Amts wegen abzugeben. Anders würde der Gerichtsvollzieher zu einer günstigen Auskunftei – das war aber nicht Sinn und Zweck der Reform. Vielmehr sollten die Befugnisse des Gerichtsvollziehers dahingehend gestärkt werden, dass eine effektive Zwangsvollstreckung stattfinden kann. Er sollte jedoch nicht weitere Aufgaben im Vorfeld der Vollstreckung übertragen bekommen. Der Gerichtsvollzieher sollte nicht aus anderen Gründen als der Vollstreckung mit der Aufenthaltsermittlung beauftragt werden können.

Der Zweck des § 755 ZPO besteht darin, die Vollstreckung im konkreten Einzelfall zu erleichtern, indem unnötige Vollstreckungsversuche und die damit verbundenen Kosten möglichst vermieden werden. Falls der Gerichtsvollzieher feststellt, dass der Schuldner unter der Adresse, die der Gläubiger mitgeteilt hat, nicht mehr wohnt, soll der Gerichtsvollzieher selbst die neue Anschrift unmittelbar ermitteln können, ohne dass es einer zeitraubenden erneuten Einschaltung des Gläubigers bedarf, der dann die neue Anschrift selbst beschaffen müsste. Dies zeigt, dass erfolglose Vollstreckungsversuche zwar möglichst vermieden werden sollen, dass aber in jedem Fall ein Vollstreckungsversuch stattfinden soll, innerhalb dessen der Gerichtsvollzieher dann den Aufenthalt des Schuldners ermitteln darf. Es war aber nicht Sinn und Zweck der Vorschrift, den Aufenthalt des Schuldners als Vorfrage zu klären.

Außerdem sind auch Bedingungen denkbar. Denn es handelt sich um eine innerprozessuale Bedingung, die an ein Ereignis im Verfahrensablauf anknüpft und deren Eintritt der Gerichtsvollzieher einfach – ohne Beweiserhebung – feststellen kann.

Auch die Tatsache, dass eine gesonderte Gebühr für die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners nach Nr. 440 KV-GVKostG anfällt, streitet nicht für das Argument der Beschwerdeführerin, es handele sich um ein separates Verfahren. Es handelt sich vielmehr um ein kostenrechtliches Nebengeschäft. Zudem sind im Falle der Unzuständigkeit des ermittelnden Gerichtsvollziehers die Kosten bei der Weiterleitung des Auftrags an den nunmehr zuständigen Gerichtsvollzieher mitzuteilen, damit sie bei der Vollstreckung gemäß § 788 ZPO Berücksichtigung finden.

Schließlich fällt eine Nichterledigungsgebühr nach Nr. 604 KV GVKostG im Falle der Unzuständigkeit des Gerichtsvollziehers gerade nicht an, wenn dieser an den zuständigen Gerichtsvollzieher verweisen kann. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass der Schuldner unbekannt verzogen ist. Der Gerichtsvollzieher hat dann einen Aufwand erbracht, sodass die Erhebung einer Gebühr gerechtfertigt ist.

Landgericht Heidelberg, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 2 T 89/13

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